Prolog
«Würde nie springen, wenn das Risiko zu hoch wäre – ich bin doch nicht blöd!»
Prolog
Prolog
Basejumper seien schlicht lebensmüde, egoistisch oder verantwortungslos gegenüber ihrem Umfeld. Es sind die gängigen Vorurteile, mit denen sich Extremsportler wie Simon Fasnacht immer wieder herumschlagen müssen. Und zugegeben: Ich machte mir ähnliche Gedanken, nicht zuletzt auch aufgrund der atemberaubenden Videos in den sozialen Medien. Die Beweggründe und Erklärungen der Hauptdarsteller sind jedoch nur selten Teil der Berichterstattung. Getrieben von der Faszination und der Skepsis, wollte ich verstehen, warum man diesen Sport ausübt. Und so durfte ich schliesslich Simon Fasnacht und seine Frau bei ihrem grossen Hobby begleiten.
Aber alles der Reihe nach…
Simon - der Kletterer
Simon - der Kletterer
«Fly like a bird»
Über Basejumpen
Wie man Basejumper wird
Als Voraussetzung für Kurse, in denen man Basejumping lernen kann, müssen in der Regel mindestens 250 Fallschirmsprünge nachgewiesen werden. Anschliessend tastet man sich schrittweise heran, springt mit verschiedenen Anzügen aus einem Flugzeug und lernt quasi das ABC für das Basejumpen. Aber was beinhaltet Basejumping genau?
Diese Geschichte handelt fast ausschliesslich vom Springen von Felsen mit einem Wingsuit.
Allgemein
Base steht für Building, Antenna, Span, Earth –
also Gebäude, Antennen, Brücken und Felsen. Das sind die Objekte, von denen
Basejumper abspringen und schliesslich mit einem Fallschirm wieder auf dem Boden landen.
Diese Geschichte handelt fast ausschliesslich vom Springen von Felsen mit einem Wingsuit.
Building - Gebäude
Sei es ein Sprung vom vom Burj Khalifa in Dubai, dem Kuala Lumpur Tower oder von der St Paul’s Cathedral in London. Solche spektakulären Sprünge gibt es immer wieder und werden auch in den sozialen Medien präsentiert. Durch einen solchen Gebäude-Sprung erlangte in der Schweiz auch Ueli Gegenschatz traurige Berühmtheit. Der damals 37-jährige Extremsportler war 2009 in Zürich vom Dach eines 88m hohen Hochhauses gesprungen, touchierte ein tiefergelegenes Gebäude und erlag schliesslich seinen schweren Verletzungen.
Antenna - Sendemast
Das Springen von Antennen oder Sendemasten ist wohl die unbekannteste Art des Basejumpens. Zwar kursieren auch dazu Videos in sozialen Medien, detailliertere Informationen sind aber kaum zu finden.
Span - Brücke
Im Jahr 1963 sprang der Münchner Hartmut Huber mehrmals mit einem bereits vor dem Absprung von Passanten offen gehaltenen Fallschirm von der 68m hohen Mangfallbrücke. Gemäss Wikipedia war dies der erste überlebte Objekt-Sprung weltweit. In der Schweiz ist u.a. die Taminabrücke im Kanton St. Gallen bei Basejumpern bekannt.
Earth - natürliche Erhebung
Dies ist die für die Allgemeinheit bekannteste Art des Basejumpens. Springerinnen und Springer stürzen sich von Klippen, Felsen oder Berggipfeln in die Tiefe. Der Weltrekord mit dem höchsten Absprungort hält der Russe Valery Rozov. Er bestieg den sechsthöchsten Gipfel der Welt, den Mount Cho Oyu an der Chinesischen-Nepalesischen-Grenze und sprang dann unterhalb des Gipfels aus 7'700 Metern Höhe in die Tiefe. Rund ein Jahr später stürzte die russische Basejump-Legende im Himalaya-Gebirge im Rahmen eines anderen Projekts in den Tod.
Wingsuit
Der Wingsuit ist ein spezieller Anzug und wird auch "Fledermaus-Anzug" genannt. Stoff-Flächen zwischen Armen und Beinen werden von der Luft umströmt und wirken dann wie Flügel. Durchschnittlich erreicht ein Basejumper damit eine Geschwindigkeit von 150 km/h und mehr.
Fallschirm
Die Fallschirme von Basejumpern sind speziell für diese Sportart angefertigt. Je nach Sprunghöhe und Fallzeiten gibt es verschiedene Systeme, die man individuell kombinieren kann. Bei niedrigen Höhen hat der Basejumper den Hilfsschirm zum Öffnen des Schirms bereits beim Absprung in der Hand. Aufgrund der geringen Höhen und knappen Reaktionszeiten, tragen Basejumper in der Regel keinen Reservefallschirm.
Häufige Fragen und Antworten FAQ
Häufige Fragen und Antworten FAQ
Grundsätzlich braucht es in der Schweiz keine Genehmigung für das Basejumpen. Es gibt jedoch Ausnahmen. Beispielsweise beim Sprung von privaten Gebäuden oder aber auch bei einzelnen Absprungorten am Berg, wie im Lauterbrunnental. Hier müssen Springer beispielsweise eine Landekarte kaufen oder müssen zu gewissen Tageszeiten den Luftraum den Gleitschirmfliegern überlassen. Die Schweiz gehört nebst Norwegen oder Italien zu den wenigen europäischen Ländern, in denen Basejumping legal ist.
Welche Sicherheits-Faktoren sind ausschlaggebend?
Gemäss verschiedener Experten ist nebst der eigenen Erfahrung und der Kontrolle der Ausrüstung unter anderem die Beurteilung der zu erwartenden Wetterbedingungen von grosser Bedeutung. Wie sind die Sichtverhältnisse? Wie stark ist der Wind und aus welcher Richtung kommt er? Zusätzlich sind gute Kenntnisse des Gebietes das A und O. Etwa Kenntnisse zur Höhe, Lage und zur Zugänglichkeit des Absprungorts. Oder dann auch das Wissen über mögliche Hindernisse und Landezonen.
Trägt man einen Notschirm?
Nein, denn oft sind die Fallhöhen beim Basejumpen zu klein, um noch einen Notschirm öffnen zu können. Einzige Sicherheit ist der Hauptschirm.
Wie gut gleiten Wingsuits?
Mit einem Wingsuit erreicht man eine durchschnittliche Gleitzahl von 1:3. Das bedeutet, dass man auf einen Meter Sinkflug drei Meter Horizontalflug erreicht. Diese Angabe variiert aber je nach Modell. Kommt hinzu, dass die Anzüge in den vergangenen Jahr stetig weiterentwickelt und den verschiedenen Fluganforderungen angepasst wurden.
Simon – der Basejumper
Simon - der Basejumper
Géraldine - die Vogelfrau
Géraldine - die Vogelfrau
Was bedeutet das Basejumpen für sie?
Géraldine - die Freeriderin
Die gemeinsame Faszination
Die gemeinsame Faszination
Kennengelernt haben sich die Beiden am besagten Outdoor-Sportevent in Interlaken, wo Simon erstmals mit dem Basejumpen in Kontakt gekommen war. Er hiess damals noch Simon Wandeler, lebte in der Zentralschweiz und war als Sportkletterer aktiv. Géraldine hatte schon erste Erfahrungen im Basejumpen.
Heute sind die beiden ein Ehepaar und leben in einem Chalet in ihrer Wahlheimat Verbier. Die Passion verbindet sie und leben sie entsprechend auch zusammen aus.
Das gemeinsame Risiko
Das gemeinsame Risiko
Basejump-Todesfälle in der Schweiz
Tödliche BergunfälleZum Vergleich: Im klassischen Bergsport kommen in der Schweiz jährlich über 100 Personen ums Leben.
Odin - der gemeinsame Sohn
Odin- der gemeinsame Sohn
Auf zum nächsten Sprung
Vorbereitung zuhause
Unterwegs zum Exit
Abwarten ist angesagtDie Lichtverhältnisse wechseln ständig und die Nebelschwaden kommen und gehen...
Der Exit «Le Château»
Der Exit «Le Château»
Hier sind wirVon diesem kleinen Felsplateau aus mit der steil abfallenden Kante, sieht man etwa die Gipfel Le Pleureur oder Petit Combin. 800 Höhenmeter sind es bis zur Landezone, einem Ackerfeld im Val de Bagnes.
Der zweite Sprung
Zum AnfangEpilog
Der Blick in die Zukunft
Epilog
Epilog
Ihre Worte wählen sie mit Bedacht, sie bereiten sich akribisch auf ihre Sprünge vor und scheinen die Bedingungen und Risiken im Griff zu haben. Sicher auch aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung. Aber auch ihre Selbstdisziplin, Ehrlichkeit oder aber der Respekt gegenüber der Natur scheinen mir mit ein Grund zu sein, dass sie bisher heil von ihren Sprüngen zurückgekehrt sind. «Man würde ja nie springen, wenn das Risiko zu hoch wäre – ich bin doch nicht blöd», sagte Simon im Verlaufe dieser Geschichte. Er habe immer das Gefühl, die Risiken unter Kontrolle zu haben. Solche Aussagen beeindrucken mich und sind Zeichen seines grossen Vertrauens und der mentalen Stärke. Aber ist es nicht auch etwas naiv? Im Wissen, dass immer wieder Basejump-Pioniere und die Besten dieses Sports tödlich verunglücken, oder sogar nahestehende Personen in der Szene?
Wie kann man sich nach solchen Vorfällen weiterhin von den Felsen stürzen? Das ist einer der Punkte, welcher ich weiterhin nicht so ganz nachvollziehen kann. Sind Basejumper in diesen Fällen einfach zu unsensibel? Vielleicht… Vielleicht mache ich es mir als Aussenstehender aber auch hier zu einfach. Risiko, Verantwortungsbewusstsein oder der Umgang mit Unfällen kann man auch aus anderen Perspektiven sehen.
Trotzdem ist eines klar: Selbst würde ich mich nie im Leben getrauen, mit einem Wingsuit von einem Felsvorsprung zu springen. Das Bedürfnis, fliegen zu wollen, kann ich aber nachvollziehen. Nicht zuletzt, wenn man die Videos sieht und Géraldine und Simon nach deren Gefühlen befragt. Ich hoffe, dass die Beiden auch weiterhin ohne Zwischenfälle springen und fliegen können.
Ein ehemaliger deutscher Basejumper sagte einmal: «Es ist ein grosser Unterschied, ob man getrieben ist oder aus Leidenschaft springt – ich war ein Getriebener und musste deshalb aufhören.»
Der Drang nach «Immer mehr und immer extremer» führt bei vielen Basejumpern irgendwann zum Tod. So hin und hergerissen ich auch in gewissen Punkten noch bin. Bei Géraldine und Simon Fasnacht bin ich mir sicher: die Leidenschaft für den Sport überwiegt und damit hoffentlich auch ein Stück mehr Sicherheit in dieser Extremsportart.
In diesem Sinne:
«3, 2, 1…See you…» Man sieht sich, bis bald! Hoffentlich…