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Der Kick im Leben
Unterwegs mit Basejumper Simon Fasnacht

Unterwegs mit Basejumper Simon Fasnacht

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Prolog

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Nur mit einem Anzug und Fallschirm ausgerüstet stürzt er sich von der Klippe in die Tiefe, fliegt zusammen mit seiner Frau an steilen Felsen entlang und über Baumspitzen hinweg. Das Gefühl und die Bilder sind atemberaubend, das Risiko aber sein ständiger Begleiter. Simon Fasnacht ist begeisterter Basejumper und seit zwei Jahren auch Vater eines Sohnes. Eine Geschichte über den Kick im Leben - und was er wert ist.
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«Ich weiss nicht, ob ich für dich genug interessant bin. Denn ich bin kein Verrückter, kein Draufgänger, eigentlich ein ganz normaler Typ» Dies sagte mir der gebürtige Zentralschweizer Simon Fasnacht im vergangenen Sommer am Telefon, als ich ihn erstmals kontaktiert hatte. Er, der mit einer Art «Fledermaus-Anzug» von einem Felsvorsprung springt und mit über 150 Kilometer pro Stunde auf die Erde zurast. Er – kein Verrückter, kein Draufgänger, ein ganz normaler Typ?

Basejumper seien schlicht lebensmüde, egoistisch oder verantwortungslos gegenüber ihrem Umfeld. Es sind die gängigen Vorurteile, mit denen sich Extremsportler wie Simon Fasnacht immer wieder herumschlagen müssen. Und zugegeben: Ich machte mir ähnliche Gedanken, nicht zuletzt auch aufgrund der atemberaubenden Videos in den sozialen Medien. Die Beweggründe und Erklärungen der Hauptdarsteller sind jedoch nur selten Teil der Berichterstattung. Getrieben von der Faszination und der Skepsis, wollte ich verstehen, warum man diesen Sport ausübt. Und so durfte ich schliesslich Simon Fasnacht und seine Frau bei ihrem grossen Hobby begleiten.
Aber alles der Reihe nach…
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Simon - der Kletterer

Die Verbundenheit zur Natur, zu den Bergen, zur freien Bewegung – die war bei Simon Fasnacht schon seit Kindsbeinen vorhanden. Nach seiner Geburt im Jahre 1974 wuchs Simon während rund vier Jahre in Andermatt auf, ehe die Familie in den Kanton Luzern zügelte. Schon früh war er mit seinen Eltern und seinem Bruder in den umliegenden Bergen unterwegs. Bevor Simon aber ans Fliegen dachte, hielt er sich an den Felsen fest. Das Klettern war seine erste ganz grosse Passion: «Ausschlaggebend war das Klettermagazin Rotpunkt. Ich sah diese Bilder von Kletterern und dachte: Wow! Das ist cool, das möchte ich unbedingt probieren.» Gesagt, getan und es begann eine Reise mit vielen Erlebnissen und grossem Erfolg. Die Faszination der Schwerkraft liess ihn nicht mehr los.
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Bevor der Weg aber nach unten führte, ging es für Simon Fasnacht während Jahren steil nach oben. Denn je länger je mehr bestimmte der Klettersport einen Grossteil seines Lebens. Simon gehörte in seinen Jugendjahren dem Nationalkader an und war einer der besten Sportkletterer weltweit. Er belegte Platz vier in der Weltrangliste oder wurde gar Vizeweltmeister im Eisklettern, um nur zwei Erfolge zu erwähnen. Von 1997 bis 2005 war das Klettern seine Leidenschaft Nummer eins, ehe er an einem Outdoor-Sportevent in Interlaken zum ersten Mal mit dem Basejumpen in Berührung kam. Der Sprung eines Basejumpers war eine der grossen Attraktionen am Event. Simon Fasnacht kann sich noch bestens an den Moment erinnern...



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Über Basejumpen

Bis zum ersten Basejump-Sprung dauerte es aber noch ein Weilchen. Denn ohne entsprechende Ausbildung ist Basejumping selbsterklärend äusserst riskant und Erfahrung ist alles.

Als Voraussetzung für Kurse, in denen man Basejumping lernen kann, müssen in der Regel mindestens 250 Fallschirmsprünge nachgewiesen werden. Anschliessend tastet man sich schrittweise heran, springt mit verschiedenen Anzügen aus einem Flugzeug und lernt quasi das ABC für das Basejumpen. Aber was beinhaltet Basejumping genau?
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Allgemein

Base steht für Building, Antenna, Span, Earth – also Gebäude, Antennen, Brücken und Felsen. Das sind die Objekte, von denen Basejumper abspringen und schliesslich mit einem Fallschirm wieder auf dem Boden landen. 
Diese Geschichte handelt fast ausschliesslich vom Springen von Felsen mit einem Wingsuit.

Building - Gebäude

Sei es ein Sprung vom vom Burj Khalifa in Dubai, dem Kuala Lumpur Tower oder von der St Paul’s Cathedral in London. Solche spektakulären Sprünge gibt es immer wieder und werden auch in den sozialen Medien präsentiert. Durch einen solchen Gebäude-Sprung erlangte in der Schweiz auch Ueli Gegenschatz traurige Berühmtheit. Der damals 37-jährige Extremsportler war 2009 in Zürich vom Dach eines 88m hohen Hochhauses gesprungen, touchierte ein tiefergelegenes Gebäude und erlag schliesslich seinen schweren Verletzungen.

Antenna - Sendemast

Das Springen von Antennen oder Sendemasten ist wohl die unbekannteste Art des Basejumpens. Zwar kursieren auch dazu Videos in sozialen Medien, detailliertere Informationen sind aber kaum zu finden.

Span - Brücke

Im Jahr 1963 sprang der Münchner Hartmut Huber mehrmals mit einem bereits vor dem Absprung von Passanten offen gehaltenen Fallschirm von der 68m hohen Mangfallbrücke. Gemäss Wikipedia war dies der erste überlebte Objekt-Sprung weltweit. In der Schweiz ist u.a. die Taminabrücke im Kanton St. Gallen bei Basejumpern bekannt.

Earth - natürliche Erhebung

Dies ist die für die Allgemeinheit bekannteste Art des Basejumpens. Springerinnen und Springer stürzen sich von Klippen, Felsen oder Berggipfeln in die Tiefe. Der Weltrekord mit dem höchsten Absprungort hält der Russe Valery Rozov. Er bestieg den sechsthöchsten Gipfel der Welt, den Mount Cho Oyu an der Chinesischen-Nepalesischen-Grenze und sprang dann unterhalb des Gipfels aus 7'700 Metern Höhe in die Tiefe. Rund ein Jahr später stürzte die russische Basejump-Legende im Himalaya-Gebirge im Rahmen eines anderen Projekts in den Tod. 

Wingsuit

Der Wingsuit ist ein spezieller Anzug und wird auch "Fledermaus-Anzug" genannt. Stoff-Flächen zwischen Armen und Beinen werden von der Luft umströmt und wirken dann wie Flügel. Durchschnittlich erreicht ein Basejumper damit eine Geschwindigkeit von 150 km/h und mehr.

Fallschirm

Die Fallschirme von Basejumpern sind speziell für diese Sportart angefertigt. Je nach Sprunghöhe und Fallzeiten gibt es verschiedene Systeme, die man individuell kombinieren kann. Bei niedrigen Höhen hat der Basejumper den Hilfsschirm zum Öffnen des Schirms bereits beim Absprung in der Hand. Aufgrund der geringen Höhen und knappen Reaktionszeiten, tragen Basejumper in der Regel keinen Reservefallschirm.

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Braucht man eine Genehmigung?

Grundsätzlich braucht es in der Schweiz keine Genehmigung für das Basejumpen. Es gibt jedoch Ausnahmen. Beispielsweise beim Sprung von privaten Gebäuden oder aber auch bei einzelnen Absprungorten am Berg, wie im Lauterbrunnental. Hier müssen Springer beispielsweise eine Landekarte kaufen oder müssen zu gewissen Tageszeiten den Luftraum den Gleitschirmfliegern überlassen. Die Schweiz gehört nebst Norwegen oder Italien zu den wenigen europäischen Ländern, in denen Basejumping legal ist.

Welche Sicherheits-Faktoren sind ausschlaggebend?

Gemäss verschiedener Experten ist nebst der eigenen Erfahrung und der Kontrolle der Ausrüstung unter anderem die Beurteilung der zu erwartenden Wetterbedingungen von grosser Bedeutung. Wie sind die Sichtverhältnisse? Wie stark ist der Wind und aus welcher Richtung kommt er? Zusätzlich sind gute Kenntnisse des Gebietes das A und O. Etwa Kenntnisse zur Höhe, Lage und zur Zugänglichkeit des Absprungorts. Oder dann auch das Wissen über mögliche Hindernisse und Landezonen.

Trägt man einen Notschirm?

Nein, denn oft sind die Fallhöhen beim Basejumpen zu klein, um noch einen Notschirm öffnen zu können. Einzige Sicherheit ist der Hauptschirm.  

Wie gut gleiten Wingsuits?

Mit einem Wingsuit erreicht man eine durchschnittliche Gleitzahl von 1:3. Das bedeutet, dass man auf einen Meter Sinkflug drei Meter Horizontalflug erreicht. Diese Angabe variiert aber je nach Modell. Kommt hinzu, dass die Anzüge in den vergangenen Jahr stetig weiterentwickelt und den verschiedenen Fluganforderungen angepasst wurden.
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Simon – der Basejumper

Bei Simon Fasnacht wurden es schliesslich um die 750 Fallschirmsprünge, bevor er sich im Jahr 2005, begleitet von einem Mentor, zum ersten Mal ans Basejumpen wagte. Seither lässt ihn die Faszination am Basejumpen und Fallschirmspringen nicht mehr los und er gehört zu den erfahrensten Springern im Land. Was fasziniert ihn so daran?
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Über 5'000 Fallschirmsprünge aus dem Flugzeug und über 3'000 Basejump-Sprünge hat Simon Fasnacht inzwischen schon auf seinem Konto. Und es soll noch weitergehen: «Ich bin immer noch fasziniert und enthusiastisch – und dies merkt man glaube ich auch, wenn man mit mir spricht. Dass ich dies lebe, dass ich dies gerne mache, dass dies mein Ding ist. Ja, der Simon, der mag Basejumpen.»

Und seine Frau Géraldine ebenso…
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Géraldine - die Vogelfrau

«Vogelfrau» wird Géraldine Fasnacht in der Szene genannt. Liebevoll, aber wohl auch mit einem grossen Stück Ehrfurcht verbunden. Denn die 41-jährige gebürtige Westschweizerin gehört zu den Pionierinnen des Basejumpens und springt mit dem Wingsuit von den höchsten Bergen in die Tiefe. Der weltweit erste Basejump-Sprung vom Matterhorn im Jahre 2014 machte sie weltberühmt.
Was bedeutet das Basejumpen für sie?
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Diverse Videos auf den Social-Media-Kanälen von Géraldine verdeutlichen ihren Traum vom Fliegen. Je mehr Videos man sich anschaut, je mehr beginnt man, die Faszination zu begreifen und ein Stück weit zu teilen. Mit ihrem Wingsuit segelt sie teilweise bis zu drei Minuten lang über schönste Landschaften hinweg.

Landschaften, die Berge, die Natur im Allgemeinen – davon war Géraldine schon immer angetan. Als Kind war sie immer in Bewegung. Im Sommer, wie auch im Winter. Kaum laufen gelernt, stand Géraldine Fasnacht in Verbier zum ersten Mal auf den Skiern und wenige Jahre später auf dem Snowboard. Nach und nach fuhr sie schon in den steilsten Hängen umher und genoss das Fahren abseits der Piste. Es sollte der Beginn einer beeindruckenden Karriere werden.
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2002, mit 21 Jahren, wurde Géraldine Fasnacht als jüngste Teilnehmerin an den weltbekannten Freeride-Snowboard-Event «Xtreme Verbier» eingeladen – und gewann. Zwei weitere Verbier-Siege und diverse Top-Platzierungen im Freeride-Weltcup folgten. Was ihr aber schon Jahre zuvor jeweils fehlte, waren Abenteuer und ein abwechslungsreiches Training im Sommer.
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Und so begann Géraldine Fasnacht schon mit 18 Jahren mit dem Fallschirmspringen und wechselte nach 300 Sprüngen zum Basejumpen. Seither lebt sie täglich ihren Traum und hat das Freeriden und Basejumpen durch verschiedenste Partnerschaften und Filmprojekte zu ihrem Beruf gemacht. Als Profi-Extremsportlerin würden die meisten Géraldine Fasnacht wohl betiteln. Ein Ausdruck, den sie stört.
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Die gemeinsame Faszination

Freiheit. Das ist es, was Géraldine Fasnacht liebt und lebt. Meistens sogar zu zweit, mit ihrem Mann Simon.

Kennengelernt haben sich die Beiden am besagten Outdoor-Sportevent in Interlaken, wo Simon erstmals mit dem Basejumpen in Kontakt gekommen war. Er hiess damals noch Simon Wandeler, lebte in der Zentralschweiz und war als Sportkletterer aktiv. Géraldine hatte schon erste Erfahrungen im Basejumpen.
Heute sind die beiden ein Ehepaar und leben in einem Chalet in ihrer Wahlheimat Verbier. Die Passion verbindet sie und leben sie entsprechend auch zusammen aus.
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Das gemeinsame Risiko

Gemeinsame Faszination, aber auch gemeinsames Risiko. Jahr für Jahr rasen Basejumper in ihren Anzügen in den Tod. Eine plötzliche Windböe in der Nähe eines Felsens, schlechte Sicht, ein zu spätes Öffnen des Fallschirms oder technisches Versagen. Geht etwas schief, bedeutet dies schnell der Tod. Ist es dieses Risiko wert?
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Reflektiert und von ihren Fähigkeiten überzeugt, ist es Géraldine und Simon bisher immer gelungen, heil nach Hause zu kommen. Beide halten andere Tätigkeiten für gefährlicher. Etwa eine Autofahrt in der Rushhour oder eine mehrstündige anspruchsvolle Bergtour, wo man nach der Gipfelankunft alles wieder retour gehen muss. Hinzu kommt, dass die Beiden alles akribisch planen. Analog der Routenwahl und Beobachtung der Wetterbedingungen beim Freeriden im Winter, oder wie es Simon bereits früher als Kletterer getan hatte. Risiken einzugehen, sei nicht ihr Ding, so Géraldine und Simon. Irgendwie einleuchtend, wie die beiden argumentieren. Und trotzdem ist Basejumping eine Hochrisikosportart, bei der jedes Jahr mehrere Personen ums Leben kommen.
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Durchschnittlich kommen hierzulande jährlich rund sieben Basejumperinnen oder Basejumper ums Leben. Dies zumindest die Angabe auf der sogenannten «Fatality List», der seit 1981 weltweit geführten Todesliste des Basejumpings. Das Bundesamt für Statistik führt keine entsprechende Liste.

Jährlich rund sieben, insgesamt über 100 Todesfälle in der Schweiz. Hört sich nach viel an, oder es wird zumindest oft so dargestellt. Diesbezüglich ist aber wichtig zu wissen, dass pro Jahr allein im Basejump-Mekka Lauterbrunnental rund 20'000 Absprünge gezählt werden und das Fliegen aufgrund besser entwickelten Wingsuits sicherer wurde. Und dennoch zeigt sich: Wenn man Basejumping betreibt, kommt früher oder später wohl der Moment, wo eine Freundin oder ein Freund während der gleichen Leidenschaft stirbt. Wie gehen Géraldine und Simon mit solchen Momenten um?


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Wie viele Basejumper sprechen auch Géraldine und Simon nicht gerne über die negativen Seiten ihres Sports.

Auch wenn es im Verhältnis auf alle gemachten Sprünge gar nicht so viele Unfälle gibt. Die beiden Profis haben die Schattenseiten schon etliche Male erlebt. Géraldine musste mitansehen, wie ihr erster Ehemann beim gemeinsamen Speedflying, einer Mischung aus Gleitschirmfliegen und Skifahren, ums Leben kam. Später musste sie miterleben, wie eine junge, talentierte Freeride-Freundin in eine Lawine kam und verstarb. Auch Simon verlor schon mehrere Kollegen aus der Basejump-Szene.

Warum ist es denn einem Wert, trotzdem weiterzumachen? Egal wie die Antwort auch lautet, so richtig verstehen können es Aussenstehende wohl kaum. Der Kick im Leben. Die Faszination des Springens, des Fliegens und der Natur. Géraldine und Simon Fasnacht sprechen lieber über die positiven Seiten des Lebens. Und da gehört auch die Familie dazu.
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Odin - der gemeinsame Sohn

Vor gut zwei Jahren, Ende Dezember 2019, wurden Simon und Géraldine Fasnacht Eltern. Für sie pures Familienglück und eine Veränderung im Leben. «Für mich bis jetzt auch die grösste Challenge», so Simon. Aber wegen des kleinen Odins und der elterlichen Verantwortung das Basejumpen in Frage stellen? Auf gemeinsame Ausflüge und Sprünge verzichten? Nein, dies stand nicht wirklich zur Diskussion.
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Es gibt verschiedene Basejumper, die Freunde und Kollegen durch den Sport verloren haben, weitermachten und dann aber aufgehört haben, als Kinder ins Spiel kamen. «Wenn ich Kinder hätte, würde ichs wahrscheinlich auch sein lassen – dann hat man schliesslich eine Verantwortung.» Dies sagte Simon im Jahre 2011 in einem Interview mit der Neuen Luzerner Zeitung. Darauf angesprochen meint er heute: «Ansichten und Meinungen verändern sich halt im Leben. Das geht jedem so und gehört dazu.»

Weiter Basejumpen? Ja. Vor allem auch aufgrund der grossen Erfahrung und Entwicklung der Wingsuits. Paar Sachen hätten sich seit der Geburt von Odin aber schon verändert, erklärt Géraldine. Neue, noch unbekannte Sprunggebiete öffnen, werde sie nicht mehr. Und auch ihr eigenes Risikomanagement habe sie nochmals leicht angepasst:
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Auf zum nächsten Sprung

Fliegen – dies werden Géraldine und Simon demnächst tun und wir begleiten sie dabei. Die Vorbereitung dazu ist das A und O. Dazu gehört auch das Packen des Fallschirms. Beim Basejumpen gibt es nämlich, anders als beim Fallschirmspringen, keinen zusätzlichen Notschirm. Dieser könnte sich aufgrund der geringeren Sprunghöhe in der Regel nämlich gar nicht öffnen. Deshalb müssen die Handgriffe beim Packen sitzen und man muss in den Schirm volles Vertrauen haben.
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Die Ausrüstung ist bereit und wir sind unterwegs zur Absprungstelle. Nach einer kurzen Autofahrt, geht es oberhalb von Verbier zu Fuss einem Wanderweg entlang weiter.
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Der Wanderweg führt rund 15 Minuten durch einen Wald. Ideal um sich gedanklich nochmals auf den bevorstehenden Sprung vorzubereiten - oder nicht?
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Der Spaziergang ist zu Ende. Simon und Géraldine sind an der Absprungstelle angekommen. Noch ist es an diesem Mittag zu neblig und wolkenverhangen. Alles andere als ideal, um in die Tiefe zu springen. In der Hoffnung, dass sich der Nebel in Kürze verzieht, bereiten die Beiden schon mal alles vor. Dazu gehört auch eine letzte Kontrolle der Ausrüstung.
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Zu meiner Überraschung sind Géraldine und Simon kurz darauf trotzdem schon bereit für den Sprung. Klare Sichtbedingungen sehen für mich anders aus. Aber die Beiden wissen, was sie tun. Da wir diesen Sprung aber bereits zu Beginn der Geschichte erlebt haben, machen wir hier einen Zeitsprung. 

Knapp drei Stunden später stehen Géraldine und Simon nämlich gleich noch einmal am Exit «Le Château». Dieses Mal bei schönstem Wetter. Daher lohnt es sich, die Absprungstelle noch vor dem zweiten Sprung näher vorzustellen.
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Der Exit «Le Château»

Es ist eine der Absprungstellen, die das Ehepaar Fasnacht in- und auswendig kennt. Von hier starten sie zu ihrem Haussprung, quasi direkt vor der Haustüre. Inklusive bezauberndem Walliser Alpenpanorama.
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Absprungstellen vom Matterhorn, Eiger, von Gipfel auf der ganzen Welt. Simon und Géraldine Fasnacht kennen sich selbst bei hochalpinen Startplätzen bestens aus. Der Exit «Le Château» ist ein Klacks dagegen. Für Trainingssprünge sei er aber ideal und wunderschön. Und deshalb nehmen die beiden Sie nochmals mit. Der Countdown läuft...
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Der zweite Sprung

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Epilog

Es sind zwei weitere Sprünge auf das Basejump-Konto von Simon und Géraldine Fasnacht. Es ist ihr Kick im Leben. Ein grosses Stück Freiheit, das ihnen viel wert ist. Mehrere tausend Basejump-Sprünge haben sie bereits gemacht. «Ich würde wohl lügen, wenn ich nicht sagen würde, es ist wie eine Droge», sagte Simon zu Beginn dieser Geschichte. Wann ist wohl ihr Verlangen gestillt?
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Hin und wieder hört es sich schon nach einer leichten Übersättigung an. Zumindest bei Simon. Ein Zeichen dafür könnte auch sein, dass er bis vor kurzem noch ein Logbuch über seine Sprünge geführt hatte, seit dem 3'000. Sprung aber darauf verzichtet. Wann auch immer der letzte Sprung gekommen ist, steht eines fest: Simon Fasnacht hat bereits den nächsten Kick im Visier. Seit rund einem Jahr absolviert er die Ausbildung zum Jäger und sagt so nebenbei: «Falls ich im ersten Jagdjahr ein Tier schiessen darf, es zusammen mit Familie und Freunden teilen und die Emotionen leben darf. Dies wird dann wohl ein rechter Kick sein.»
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«Eine Geschichte über den Kick im Leben – und was er wert ist.» Davon handelte diese multimediale Arbeit. Es ist leicht, Basejumperinnen und Basejumper nur als lebensmüde oder auch verantwortungslose Personen zu betiteln. Wie so oft im Leben erlaubt man sich solche Urteile, ohne die Personen und deren Charakteren genauer zu kennen. Dies wurde mir im Verlaufe dieser Arbeit auch selbst bewusst. Denn je länger man Simon und Géraldine Fasnacht zuhört, desto ungläubiger ist es, dass sie aus Lust nach dem besonderen Gefühl unkalkulierbare Risiken eingehen und für den Nervenkitzel mit ihrem Leben spielen. Sich kopflos in die Tiefe stürzen, für viele Klicks und Likes in den sozialen Medien? Solche Basejumperinnen und Basejumper gibt es unbestritten viele in der Szene. Das Ehepaar Fasnacht tickt aber definitiv anders.

Ihre Worte wählen sie mit Bedacht, sie bereiten sich akribisch auf ihre Sprünge vor und scheinen die Bedingungen und Risiken im Griff zu haben. Sicher auch aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung. Aber auch ihre Selbstdisziplin, Ehrlichkeit oder aber der Respekt gegenüber der Natur scheinen mir mit ein Grund zu sein, dass sie bisher heil von ihren Sprüngen zurückgekehrt sind. «Man würde ja nie springen, wenn das Risiko zu hoch wäre – ich bin doch nicht blöd», sagte Simon im Verlaufe dieser Geschichte. Er habe immer das Gefühl, die Risiken unter Kontrolle zu haben. Solche Aussagen beeindrucken mich und sind Zeichen seines grossen Vertrauens und der mentalen Stärke. Aber ist es nicht auch etwas naiv? Im Wissen, dass immer wieder Basejump-Pioniere und die Besten dieses Sports tödlich verunglücken, oder sogar nahestehende Personen in der Szene?

Wie kann man sich nach solchen Vorfällen weiterhin von den Felsen stürzen? Das ist einer der Punkte, welcher ich weiterhin nicht so ganz nachvollziehen kann. Sind Basejumper in diesen Fällen einfach zu unsensibel? Vielleicht… Vielleicht mache ich es mir als Aussenstehender aber auch hier zu einfach. Risiko, Verantwortungsbewusstsein oder der Umgang mit Unfällen kann man auch aus anderen Perspektiven sehen.

Trotzdem ist eines klar: Selbst würde ich mich nie im Leben getrauen, mit einem Wingsuit von einem Felsvorsprung zu springen. Das Bedürfnis, fliegen zu wollen, kann ich aber nachvollziehen. Nicht zuletzt, wenn man die Videos sieht und Géraldine und Simon nach deren Gefühlen befragt. Ich hoffe, dass die Beiden auch weiterhin ohne Zwischenfälle springen und fliegen können.

Ein ehemaliger deutscher Basejumper sagte einmal:  «Es ist ein grosser Unterschied, ob man getrieben ist oder aus Leidenschaft springt – ich war ein Getriebener und musste deshalb aufhören.»
Der Drang nach «Immer mehr und immer extremer» führt bei vielen Basejumpern irgendwann zum Tod. So hin und hergerissen ich auch in gewissen Punkten noch bin. Bei Géraldine und Simon Fasnacht bin ich mir sicher: die Leidenschaft für den Sport überwiegt und damit hoffentlich auch ein Stück mehr Sicherheit in dieser Extremsportart.

In diesem Sinne:
«3, 2, 1…See you…» Man sieht sich, bis bald! Hoffentlich…
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Kapitel 6 Die gemeinsame Faszination

Die gemeinsame Faszination

Kapitel 11 Der zweite Sprung

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